Choreographin
Bei der Produktion „Tanzhalle“ des schauspielhannover durfte ich hinter den Kulissen als Choreographin tätig sein und war in dem Projekt von Sandra Strunz für den Tanz verantwortlich. Dabei hatte ich viel Spaß und durfte unglaublich viele nette Menschen kennenlernen.
Aufgeführt wurde das Projekt im Ballhof Eins in Hannover und im Theater Kampnagel in Hamburg.
Tanzhalle
Alles hat zwei Seiten
So muss die Hölle sein: ein altes Foyer, eine Rezeptionistin, halb Domina, halb Barfrau. Hier hocken zehn Menschen ohne Namen, in Ballkleidern, barfuß und stumpf vor sich hinstarrend. Mal quetschen sie einen Laut heraus, mal kollert ein irres Lachen über ihre Lippen, mal sprechen sie ein Textfragment. Von irgendwoher dringen Geräusche. Aus den Köpfen dieser Unlebendigen oder von einer Welt da draußen? Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ stand Pate für Sandra Strunz‘ Projekt „Tanzhalle“, das am 17. Mai in Hannover uraufgeführt wurde und nun auf Kampnagel Hamburg-Premiere hatte.
Alles hat zwei Seiten im Leben – so auch diese Aufführung: eine triste Garderoben-Seite und die helle Seite des Tanzsaals. Der Tod und das Leben. Das Stück wird zweimal gespielt. Der Zuschauer sieht erst die eine, dann die andere Version. Die Reihenfolge des Betrachtens bestimmen die Buchstaben A und B, die am Einlass ausgegeben werden. Die Bardame wirft Schuhe in den Raum. Gierig stürzen sich die Figuren darauf. Wer welche hat, darf durch eine Art Schleuse auf die andere Seite verschwinden. Den Zurückgebliebenen bleiben die Sehnsucht und Erinnerungsfetzen aus der Vergangenheit. Nach und nach kommen die Tänzer wieder, geben ihre Schuhe ab. Später wird sich herausstellen, dass sie auf dem Parkett des Lebens versagt haben. Nach der Pause der Ballsaal. Durch die Tür treten die Männer und Frauen. Rollenspiele bei Walzer und Tango. Wer eben noch vor Angst gekrümmt in der Garderobe saß, darf jetzt großartig auftreten. Hier ist jeder ein anderer. Stärker ist dieser Tanzteil Sandra Strunz gelungen – doch ohne die Leere der anderen Seite nicht denkbar. Im Kontrast filtert sich eine Erkenntnis heraus: Die Gier nach Leben lässt sich nur kurz erfüllen.